Holy Dip im heiligen Ganges
Wenn wir erzählen, dass Michael während unserer Indien-Reise den Holy Dip im Ganges gemacht hat, werden wir immer ganz entsetzt gefragt: „Was, in dem dreckigen Fluss?“
Ja, genau in dem!
Aber was steckt eigentlich hinter dem Holy Dip? Lest hier, warum die Inder:innen im Ganges baden und was ihr unbedingt beachten solltet, wenn ihr auch mal „dipen“ möchtet!
Für jeden Hinduisten und jede Hinduistin ist es das oberste Ziel, einmal im Leben in die heilige Stadt Varanasi zu pilgern. Dafür nehmen sie auch extrem lange Anreisen auf sich. An diesem spirituellen (und quirligen) Ort gehen die Leute im Ganges baden, um sich die Seele reinzuwaschen und sich von Sünden zu befreien. Der Fluss soll nämlich die personifizierte Göttin Ganga darstellen, welche pure Reinheit verkörpert. Die meisten Gläubigen nehmen sich auch ein Fläschchen (oder gleich einen Kanister) des heiligen Wassers mit nach Hause.
Abends kann man am Flussufer das bunte Treiben bei verschiedenen religiösen Zeremonien beobachten. Die Hindus möchten aber nicht nur am Ganges beten und ins Wasser eintauchen, sondern wünschen sich auch, eines Tages in Varanasi zu sterben, damit ihre Asche im heiligen Fluss verstreut wird. Man glaubt es kaum, aber es gibt in Varanasi sogar eigene Pensionen, wo alte oder kranke Menschen einchecken, in der Hoffnung dort zu sterben. Sind sie nach ca. drei Wochen noch nicht verstorben, müssen sie wieder auschecken. Der Aufenthalt wird sogar vom Staat finanziert.
Holy-dipen wie ein echter Hinduist/eine echte Hinduistin – hier ein paar „Insiderdips“:
- Untergetaucht wird zuerst dreimal für sich selbst, da die Hindus an Himmel, Hölle und Erde glauben:
- Beim ersten Mal wird dafür gebetet, noch nicht im Himmel zu landen,
- danach dafür, wenn’s dann soweit ist, nicht in der Hölle zu landen,
- und zu guter Letzt dafür, nach dem Tod nicht zurück auf die Erde zu kommen, damit der menschliche Körper aus dem Kreis der Wiedergeburt ausbrechen kann.
- Danach wird für verstorbene Freunde oder Familienmitglieder untergetaucht, also für jede verstorbene Person einmal, damit deren Seelen in Frieden ruhen und sie von oben herab ihren Segen geben.
- Wichtig: komplett untertauchen, sonst gilt’s nicht! Der Fluss ist aber bekannterweise sehr verschmutzt. Um dich vor Keimen zu schützen, achte darauf, dass du Mund und Nase gut zuhältst, um kein Wasser hineinzubekommen. Zum Schutz der Ohren kannst du Ohrenstöpsel verwenden.
- Kauf dir am Flussufer eine kleine Schale mit Blumen und einer Kerze. Diese kannst du dann in den Ganges gleiten lassen, um deine Wünsche und Gebete noch zu verstärken.
- Es ist sinnvoll, dunkle (Bade-)Kleidung zu tragen, um Flecken zu vermeiden. Männer gehen üblicherweise mit Badehose in den Ganges. Um als Frau nicht zu viele Blicke auf dich zu ziehen, gehst du am besten nicht mit Bikini ins Wasser, sondern ziehst zum Beispiel ein T-Shirt drüber.
- Es gibt am Ufer des Ganges nirgends die Möglichkeit, sich umzuziehen oder zu duschen. Am besten du nimmst dir eine Flasche Wasser mit, um dich nach dem Holy Dip kurz abzuspülen. In der Nähe des Flussufers befinden sich einige Stände, wo man Wasserflaschen kaufen kann (eine 2l-Flasche sollte fürs Erste reichen). Oder man nimmt seine eigene Flasche mit gefiltertem Wasser mit, wenn man den Plastikmüll vermeiden möchte. Idealerweise gehst du nach dem Holy Dip gleich mal in deine Unterkunft, um die nassen Sachen loszuwerden.
- Reise am besten nicht so wie wir in der Monsunzeit (zwischen Juni und Oktober) nach Varanasi, denn zu dieser Zeit kann der Wasserstand des Ganges extrem hoch sein. Die beliebten Bootsfahrten kannst du dann höchstwahrscheinlich nicht machen. Außerdem ist das bunte Treiben am Ganges in der Trockenzeit definitiv eindrucksvoller, wenn du entlang des gesamten Flussufers jede Menge Leute und ihre Rituale beobachten kannst. Während des Monsuns siehst du möglicherweise nicht mal um die nächste Hausecke, da das Wasser oft bis zu den obersten Stufen reicht (lies hier mehr über Wetter und Reisezeit in Indien).
- Solltest du auf deinem Weg zum Holy Dip am Flussufer auf ein Verbrennungsritual stoßen, beobachtest du das Ganze lieber aus der Ferne und gehst aus Respekt nicht zu nahe an die Verbrennungsstelle heran. Auch das Fotografieren ist in diesem Moment eher unangebracht.
Wer sich nach diesen Tipps noch immer nicht ganz in den Ganges wagt, kann auch die „Light-Version“ des Holy Dip machen. Dabei wird Wasser auf Hände, Füße, Ohrläppchen, Augenlider und Haaransatz geträufelt.
Auch wenn wir keine Hinduisten sind – wenn man nach Varanasi reist, gehört ein Holy Dip im Ganges dazu und ist ein einmaliges Beyond-the-pins-Erlebnis, was dich dem ultimativen Traveller einen Schritt näher bringt (lies hier weitere Anzeichen, die einen ultimativen Traveller ausmachen). Wenn man bedenkt, dass viele Hindus nur einmal in ihrem Leben nach Varanasi pilgern können und das für sie ein ganz besonderer Moment ist, möchte man die Gelegenheit auch selbst nutzen. Und danach fühlt man sich tatsächlich etwas „reiner“ – wenn auch nicht im wahrsten Sinne des Wortes! 🙂
Wir freuen uns, mit diesem Beitrag an der Blogparade Faszination Asien von Michelle teilzunehmen! Schaut gleich mal vorbei auf ihrem Blog The Road most traveled und holt euch weitere Inspirationen für Asien und vieles mehr!
Hihihi, aber wirklich, auch mein erster Gedanke „Was, in der ‚Drecklackn‘?“ 😀 Aber ist sicher auch ein sehr prägendes Erlebnis. 🙂 Super beschrieben auch, man bekommt echt das Gefühl, gerüstet zu sein, wenn man das selbst mal machen will!
vielen Dank!! 🙂 ja ist ganz gut wenn man ein paar Insidertipps hat, ansonsten traut man sich vielleicht gar nicht rein 😀
Ich finde das sehr spannend, dass ihr dieses umstrittene Thema aufgreift. Ich wäre vermutlich auch erstmal abgeschreckt, aber cool, dass ihr das so schön beschreibt!
Nach Indien möchte ich auf alle Fälle mal, vielleicht kommt dann ja auch ei Holy Dip in Frage?
<3
Michelle
Vielen Dank für deinen Kommentar. 🙂 Ja, das solltest du unbedingt einmal ausprobieren! Es ist ein cooles Gefühl, mittendrin statt nur dabei zu sein. 🙂